Mikroskop Marke Eigenbau

Das Mikroskop hat das Team selbst entwickelt und gebaut – Foto: Leander Teich

Lassen sich Muskelstränge mit einem Mikroskop bei der Arbeit beobachten? Ein Team von fünf Göttinger Bachelorstudenten der Physik hat dies realisiert. In einem Projekt im Rahmen des Programms „Forschungsorientiertes Lehren und Lernen“ (FoLL) untersuchten sie die Muskelspannung in lebendem Zellgewebe. Das Mikroskop für ihre Forschung haben sie selbst entwickelt und aus vielen Einzelteilen sowie eigens im 3D-Drucker erstellten Komponenten gebaut.

Im Versuchsaufbau haben die Studierenden Vorläuferzellen von menschlichem und tierischem Gewebe, sogenannte Myoblasten, in einem Inkubator kultiviert und anschließend in eine speziell präparierte Acrylglaskammer „eingesät“. Dort konnten die Myoblasten weiterwachsen und sich zwischen zwei Pfosten zu einem Muskelstrang entwickeln. Die Spannung, die das Muskelgewebe aufbaute, wollten die Studierenden messen. Dafür mussten sie ein Mikroskop bauen, das sowohl eine gute Bildqualität liefert als auch regelmäßig rund um die Uhr Bilder aufnimmt und in der feuchten Zellkultur-Umgebung funktionsfähig ist.

Durchhaltevermögen war gefragt: „Wir haben unterschätzt, wie aufwändig es ist, ein neues Gerät zu bauen und so lange einzurichten, bis es funktioniert“, sagt Gruppenmitglied Timon Rahr. Auch die Messungen gestalteten sich kompliziert: „Egal, wie gut man die Arbeit im Labor plant: An jeder Ecke kann es hakeln“, erklärt Teamkollege Dennis Wittig.

Nach monatelanger Vorbereitung war es dann endlich soweit: Die Studierenden konnten eine Kraftentwicklung zwischen den Pfosten sowohl visuell mit den Mikroskopbildern als auch in den Daten dokumentieren und zeigten damit, dass die Methode funktioniert.

Zwischen zwei Pfosten entwickelte sich ein Muskelstrang – Foto: Leander Teich

Für Rahr war die praktische Erfahrung eine gute Ergänzung zum theoretischen Wissen aus Vorlesung und Seminar. „Bei der Arbeit im Labor und beim Bau des Mikroskops habe ich unheimlich viel gelernt, einfach indem ich es selbst ausprobiere“, sagt er. Schwieriger war dann schon der bürokratische Aufwand. „Material bestellen, Anträge schreiben, Berichte verfassen – das alles hat unheimlich viel Zeit in Anspruch genommen.“

Begleitet wurden die forschenden Studierenden vom Göttinger Biophysiker Prof. Dr. Timo Betz, dessen Arbeitsgruppe auch die Betreuung übernommen hat. „Die Biophysik ist die physikalische Sicht auf Fragestellungen aus Biologie und Medizin. Sie ist ein noch relativ junges Arbeitsfeld“, erklärt Gruppenmitglied Riko Hilger. „Man kann viel entdecken, das hat mich gereizt.“

Für die Studierenden war das Projekt eine prägende Erfahrung: Nach der Bachelorarbeit wollen sie im Master auf jeden Fall einen Schwerpunkt in der Biophysik wählen. Einen ersten Eindruck, welche Schwierigkeiten und Möglichkeiten dort auf sie warten, konnten sie sich auf jeden Fall schon ausführlich erarbeiten.

Das Team (von links): Riko Hilger, Timon Rahr, Dennis Wittig, Laslo Bode, Leander Teich – Foto: privat
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