Licht im Lesesaal

Erleuchtete Lesesäle der SUB am Zentralcampus – Foto: Peter Heller

Die bis tief in die Nacht hell erleuchteten Lesesäle in unserer Bibliothek gehören zum gewohnten Bild auf dem Campus. Das dies nicht immer selbstverständlich war, zeigt ein Blick in die Geschichte: Erst vor 125 Jahren erhielt Göttingen das von den Bürger*innen lang ersehnte städtische Elektrizitätswerk. Die Universität spielte dabei eine wichtige Rolle.

Der Magistrat der Stadt zögerte den Bau des Elektrizitätswerks über viele Jahre immer wieder hinaus. Die Nutzung zweier Universitätsgebäude an der Prinzenstraße gaben letztlich den entscheidenden Impuls, dass die Bürger*innen Göttingens ab 1900 mit elektrischem Licht versorgt werden konnten.

Zum einen wurde im 19. Jahrhundert im heutigen Michaelishaus das Physikalische Kabinett eingerichtet und stetig erweitert. Hier forschten und lehrten die Gelehrten unter anderem zur Elektrizität und arbeiteten mit entsprechenden Apparaturen. Gleich gegenüber befand sich die Universitätsbibliothek, die einen großen Erweiterungsbau an der Prinzenstraße erhielt. Das neue Hauptgebäude wurde 1883 eingeweiht. Die Bibliothek mit Weltruf konnte allerdings nur wenige Stunden täglich genutzt werden – nämlich dann, wenn genügend Tageslicht in den Lesesaal und das Zeitschriftenzimmer fiel. Eine Beleuchtung zum Beispiel mit Öllampen war wegen der Brandgefahr nicht gestattet.

Insbesondere im Winterhalbjahr war dies ein Riesenproblem. Deshalb setzten die zahlreichen Besucher*innen – im Studienjahr 1897 nutzten 17.186 Personen den Lesesaal und 5.316 Personen das Zeitschriftenzimmer – auf die Erleuchtung der Säle durch elektrisches Licht. Im November 1897 bewegte sich der Magistrat und gestattete der Universität, was er anderen versagte: eine oberirdische elektrische Leitung vom Physikalischen Kabinett hinüber zur Bibliothek.

Michaelishaus (links) und Bibliotheksgebäude (rechts) an der Prinzenstraße heute – Foto: Heike Ernestus

Damit verlängerte sich nicht nur die mögliche Arbeitszeit in der Bibliothek, sondern es fiel auch der Startschuss für den Bau eines städtischen Elektrizitätswerks. Mit einer spektakulären Aktion wurde schließlich die Einweihung dieses Werks am 29. Juli 1900 gefeiert: Für eine Stunde brannten rund 4.500 elektrische Glühbirnen an der Hauptfront des Rathauses.

Eine ausführliche Darstellung lesen Sie in unserem Magazin „Spektrum“, Ausgabe 2/99, Seiten 32f, die die SUB digital bereitstellt: http://webdoc.sub.gwdg.de/edoc/a/spektrum/99_2/32-33.pdf

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