Die Technologie FLASH 2 der Forschungsgruppe Biomedizinische NMR ermöglicht unvergleichliche Einblicke in den Körper – und hat großes Potenzial für die klinische Anwendung.
Wie sieht das Herz beim Schlagen aus? Wie bewegt sich unsere Zunge, wenn wir sprechen, schlucken oder beatboxen? Jens Frahm und sein Team können es sichtbar machen. 2010 gelang den Forschenden mit FLASH 2 (Fast Low Angle Shot) ein Durchbruch, Vorgänge im lebenden Körper in Echtzeit sichtbar zu machen. „25 Jahre haben wir nicht geglaubt, dass das möglich ist. Ich jedenfalls nicht“, gibt Frahm heute zu.
FLASH 2 nutzt ein mathematisches Verfahren für die Bildrekonstruktion, wodurch nur sehr wenige Einzelmessungen pro Bild nötig sind. Magnetresonanztomografie (MRT)-Aufnahmen werden so noch einmal deutlich beschleunigt. Die Messzeit für ein Bild lässt sich bis zu einer Hundertstelsekunde reduzieren. „Uns steht jetzt wieder eine Welt offen: 25 Jahre hat man in der MRT jeden Trick versucht, der Störung durch Bewegung eliminiert. Allerdings ist Bewegung auch Information. Zum Beispiel der Herz-schlag bei Herzrhythmus-Störungen, ein Schluckvorgang oder Magen-Darm-Bewegungen.“ 15 Universitäts- kliniken nutzen zurzeit FLASH 2 für ihre Forschung auf diesen Gebieten, unter anderem das Radcliffe Hospital der University of Oxford (Vereinigtes Königreich) oder die Johns Hopkins University in Baltimore (USA). In der Universitätsmedizin Göttingen sind vier entsprechend ausgestattete Geräte im Einsatz.
In den vergangenen Jahren hat die Forschungsgruppe Biomedizinische NMR auch nationale und internationale Kooperationen mit Forschenden in den Feldern Musikwissenschaft, Logopädie und Linguistik aufgebaut. Dirk Voit, Wissenschaftler in der Gruppe, erklärt: „Für das Erforschen des Sprachapparats und des Rachenraums ist unsere Technologie alternativlos. Dafür konnte bisher nur eine Kamera durch die Nase geführt oder Ultraschall am Hals gemacht werden. Das hat nicht so gut funktioniert wie Echtzeit-MRT.“
Kinderfreundlich
Einen weiteren Vorteil hat FLASH 2 für ganz junge Patient*innen. „Auch für die Kinderradiologie eignet sich Echtzeit-MRT super“, sagt Voit. „Radiolog*innen haben das Problem, dass sich kleine Kinder im MRT bewegen und dass ganz viele Messungen so nichts werden.“ Bei herkömmlichen MRT-Aufnahmen ist es deshalb oft nötig, Kinder zu sedieren oder in eine Narkose zu versetzen. Mit einer Variante der Echtzeit-MRT ist es möglich, Volumen mit hoher Bildqualität abzubilden – das bedeutet ganze Organe oder das Gehirn. „Es dauert eine Minute, das Gehirn eines Säuglings komplett zu messen“, so Frahm. In der Zeit muss das Kind nur von einem Elternteil in Position gehalten werden, eine Anästhesie ist nicht mehr nötig. Weniger Belastung für die kleinen Patient*innen, weniger Arbeit für das Radiologie-Personal. Die Kinderradiologie der Universitätsmedizin Leipzig nutzt die Echtzeit-MRT bereits erfolgreich. „Die Kolleg*innen in Leipzig sind phänomenal in der klinischen Umsetzung und haben viel Werbung für uns gemacht, sodass jetzt fast alle deutschen Kinderradiologien bei uns anfragen“, erzählt der Forschungsgruppenleiter. „Lübeck, Gießen und Frankfurt sind gerade in der Pipeline. Das Klinikum in Philadelphia, das vielleicht wichtigste Kinderkrankenhaus in den USA, ist auch interessiert.“
Die Krankenhäuser profitieren zusätzlich von den vergleichsweise geringen Kosten für FLASH 2, erklärt Frahm. „Wir haben auf Grafikkarten einen Algorithmus entwickelt, der die Aufnahmen online berechnen kann. Der Grafikkartenrechner lässt sich mit einem Gigabit-Netzwerkkabel an ein bestehendes MRT-Gerät anschließen. Das ist die ganze Installation – und man hat quasi ein neues MRT-Gerät.“
Star-Trek-Medizin
In rund 50 Jahren wurde aus einer Technologie, die in der Anwendung Stunden erforderte, eine Methode, um Videos vom Inneren des Körpers zu machen – wie sieht die Zukunft der MRT aus? „Wir sind beispielsweise gerade dabei, die Volumentechnologie weiterzuentwickeln. Dann können wir das Screening einzelner Organe sozusagen zu einem Ganzkörper-Screening verbinden. Alles mit einem Klick“, erzählt Frahm. Darüber hinaus sei es irgendwann auch möglich, minimalinvasive Eingriffe mittels Echtzeit-MRT live im Körper mitzuverfolgen. „Theoretisch habe wir auch schon alle Voraussetzungen für einen Medical Tricorder; wie bei Star Trek.“ Befindet sich ein Körper in einem entsprechenden Magnetfeld, könne man ihn mit einem Handsensor abscannen und erhält Bilder und Diagnosen. „Das funktioniert mit Radiofrequenzantennen, mit denen man die MRT-Signale auffängt. Das haben wir auch schon gemacht. In unserem Feld wird also bestimmt noch einiges passieren.“
Den kompletten Artikel, mit Informationen darüber wie alles begann, gibt es im Magazin INSIDE NAT.