Sie erforscht eine Erscheinung, die das Leben vieler Menschen prägt: Interpretationsprozesse bei psychischen Störungen wie Angststörungen und Depressionen. Betroffene deuten alltägliche Situationen eher als negativ oder bedrohlich. In ihrer Forschung kombiniert Prof. Dr. Marcella Woud, die seit Oktober die Professur für Klinische Psychologie und Experimentelle Psychopathologie innehat, die Untersuchung kognitiver Prozesse und die Entwicklung innovativer Interventionen.
„Ich sehe mich eher als Prozessforscherin. Mich interessieren die kognitiven, neuronalen, behavioralen und psychophysiologischen Mechanismen, die für die Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen relevant sind“, sagt Woud. Um diese besser zu verstehen, untersucht sie in experimentellen sowie klinischen Studien verschiedene Marker, etwa die Gehirnaktivität und Stressreaktionen. In Göttingen freut sie sich dabei auf einen Blick über den Tellerrand und knüpft bereits Kontakte in der Fakultät und auch zum Deutschen Primatenzentrum. „Mit denjenigen, die zu Kognition und Verhalten von nicht-menschlichen Primaten forschen, gibt es eine absolut spannende thematische Symbiose. Denn die Prozesse, die ich untersuche, sind nicht alle menschenspezifisch.“
Woud beschäftigt sich auch mit der Frage: Wie können Menschen ungünstige Denkmuster „verlernen“? „Der negative Tunnelblick festigt sich über Jahre. Wenn ich beispielsweise ängstlich denke, fühle ich mich ängstlich. Das bestärkt wiederum mein ängstliches Denken und so weiter.“ Ihr Ansatz: Mit Computertrainings können Menschen positivere Denkmuster üben, ergänzend zur Therapie oder präventiv.
Woud wird ihre selbst entwickelten Trainings weiter testen und optimieren: „Ich möchte genauer verstehen, welche Trainings auf welche Symptome und wie anhaltend eine Wirkung haben, und ob sie zum Beispiel noch individueller oder störungsspezifischer sein müssen.“ Für ihre Arbeit wurde sie kürzlich mit dem Heinz-Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ausgezeichnet. Das Preisgeld von 200.000 Euro wird sie für ihre Forschung in Göttingen verwenden.
Zusätzlich engagiert sich Woud für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Mithilfe des Emmy Noether-Programms der DFG hat sie an der Universität Bochum eine Forschungsgruppe aufgebaut. Die zweite Förderphase bringt sie nun mit nach Göttingen. „Wir haben eine größere Verantwortung als ausschließlich gute Forschung und Lehre zu machen. Daher setze ich mich schon frühzeitig für Studierende mit Interesse an der Forschung ein. Für mich zählen Begeisterung und Einsatz, Forschung ist ein Lernweg.“ Woud macht mit der eigenen Erfahrung Mut: „Auch in meiner Vita gab es herausfordernde Phasen.“
Nun freut sich die Professorin darauf, die Psychologie in Göttingen mitzugestalten: „Ich möchte mich dafür einsetzen, die Sichtbarkeit des Georg-Elias-Müller-Instituts zu stärken.“