„Wenn Kinder merken, dass man lehren und helfen will, dann kommt viel zurück.“ So begründet der Bachelorstudent Georg Martin Strothjohann, warum er sein Berufsziel Lehrer einen „belohnenden Beruf“ nennt.
Ende Mai 2023 hat er eine sechswöchige Praxisphase im Rahmen des Sprachförderprojekts der Zentralen Wissenschaftlichen Einrichtung für Lehrer*innenbildung (ZEWIL) der Universität Göttingen abgeschlossen. Das Projekt begleitet Lehramtsstudierende und internationale Studierende des Fachs Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache dabei, Lehrideen zur Sprachenförderung von Schüler*innen mit Förderbedarf auszuarbeiten und in der Praxis zu erproben.
Sechs Wochen lang ging Strothjohann jeweils mittwochs ins Göttinger Otto-Hahn-Gymnasium, um dort vier Stunden Förderunterricht in einer Klasse mit bis zu zwölf Kindern der Jahrgangsstufen 5 bis 7 mitzugestalten. Viele der Kinder mussten aus der Ukraine fliehen, weitere haben ihre Wurzeln im Nahen Osten. Im Mittelpunkt des Unterrichts stand zwar die deutsche Sprache – Sprechen, Lesen, Schreiben sowie gestellte Aufgaben verstehen –, die Unterstützung durch die Lehrkraft und den Studenten ging aber weit darüber hinaus.
„Die größte Herausforderung war die Heterogenität in der Förderklasse hinsichtlich Sprache, Kultur und Leistungsniveau“, sagt Strothjohann. „Deshalb mussten wir sehr flexibel sein; der ausgearbeitete Lehrplan war immer nur ein Gerüst. Wichtig ist ein Blick für die einzelnen Kinder: Die einen benötigen viel Unterstützung bei Fragen aller Art, die anderen zusätzliche Aufgaben.“
Knifflig war der Unterricht auch, weil sie keine gemeinsame Sprache hatten, auf die sie zurückgreifen konnten. Daher war viel didaktisches Geschick gefragt, zum Beispiel um Wörter, Satzbau und die Tücken der richtigen Artikel näherzubringen. Beim Vokabel lernen bauten Strothjohann und die Lehrkraft zum Beispiel ein Wimmelbild und das Spiel „Ich sehe was, was du nicht siehst“ ein. „Das Spielerische war in der Klasse auch deshalb wichtig, weil die Kinder aus der Ukraine nachmittags noch online am regulären Unterricht in ihrem Heimatland teilnahmen.“
Vier Unterrichtsstunden am Stück in einer lauten Klasse mit viel individueller Betreuung seien anstrengend, resümiert der Student, um sogleich seine positiven Erfahrungen aufzuzählen: Er habe viel Praxiserfahrung gesammelt und die Wirkung der eigenen Lehrerpersönlichkeit erlebt. Der Kulturkontakt habe ihm neue Perspektiven eröffnet und es sei befriedigend, den Kindern mit Förderbedarf ebenso wie den Schulen zu helfen – hier ist jede Hilfe sehr willkommen.
Deshalb möchte er weitere Kommiliton*innen ermutigen, an dem Projekt der ZEWIL teilzunehmen und betont, dass niemand alleingelassen wird. Zur Vorbereitung gibt es im Projekt Seminare, unter anderem zur Didaktik von Deutsch als Zweitsprache, zur Pädagogik der Vielfalt, zur rechtlichen und politischen Lage von Geflüchteten sowie zur Traumapädagogik. Auch in den Schulen finden die Studierenden feste Ansprechpersonen. „Ich konnte meine Zeit in der Schule in Absprache flexibel einteilen, so dass die Praxisphase gut mit meinem Studium vereinbar war“, so Strothjohann. Die Teilnahme am Projekt kann er sich jetzt als Qualifikation in verschiedenen Modulen anrechnen lassen.
Das Service Learning-Projekt „Sprachförderung bei migrationsbedingter Heterogenität durch Lehramtsstudierende“, das Dr. Soheyla Pashang koordiniert und betreut, gab es bereits von 2015 bis 2020; es wurde im Oktober 2022 mit dem Fokus auf ukrainische Schüler*innen neu gestartet. Seitdem haben bereits mehr als 40 Studierende an den Praxisphasen teilgenommen. Aktuell läuft die vierte Praxisphase – im Otto-Hahn-Gymnasium, in der IGS Geismar und im Hainberg-Gymnasium.
Weitere Informationen zum Projekt sind unter www.uni-goettingen.de/lehramt-sprachenfoerderung zu finden.