Sauberes Quellwasser aus dem Wasserhahn

Kleiner Reinsbrunnen mit Nixengrotte oberhalb der Schillerwiesen – Foto: Jan Stubenitzky CC BY-SA 3.0

Vor 150 Jahren beschloss der Magistrat unserer Stadt, eine Wasserleitung zwischen der Reinsquelle oberhalb der Schillerwiese und den Brunnen der Innenstadt zu bauen und die Haushalte dann an dieses Netz anzuschließen. Damit begann in Göttingen die öffentliche Trinkwasserversorgung. Die Universität spielte dabei eine wichtige Rolle.

Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in Göttingen alljährlich wiederkehrende Typhusepidemien. Mediziner der Universität wiesen auf die Gefährlichkeit des durch Abfälle verdorbenen Brunnenwassers hin und forderten seitdem sanitäre und hygienische Reformen ein.

Fließend Wasser für Küche, Bad und WC war damals noch unbekannt. Das Wasser zum Kochen, Waschen und Putzen holten die Menschen in Eimern aus umliegenden Brunnen, zum Teil von weit her. Um 1871 gab es in Göttingen nur 52 städtische, also öffentlich zugängliche Brunnen, die nicht immer im besten Zustand waren und im Winter öfters zufroren.

Auch eine Kanalisation existierte damals nicht. Abfälle wurden im Garten oder auf der Straße entsorgt, hinzu kam die damals übliche Viehhaltung in der Stadt. Das Brunnenwasser war daher zunehmend mit Fäkalien und Abfällen verunreinigt. Die zunehmende Bevölkerungsdichte innerhalb des Stadtwalls verschärfte die Probleme zusätzlich.

Deshalb baten zahlreiche Göttinger Ärzte im September 1871 die Universität um ein offizielles Gesuch an die Regierung. Eines ihrer Argumente: Seit Längerem werde in verschiedenen Hochschulen wegen der sanitären und hygienischen Missstände vor dem Besuch der Universität Göttingen gewarnt.

Die Intervention der Universität führte letztlich zu einer Konferenz mit Vertretern der städtischen und königlichen Behörden sowie der Universität. Die Stadt lehnte es aus finanziellen Gründen zunächst ab, ein Leitungssystem zur öffentlichen Trinkwasserversorgung zu errichten. Die Landdrostei Hildesheim, eine Behörde des Königreichs Hannover, betonte die Pflichten der Stadt gegenüber der Universität und verwies darauf, dass „(…) der jedenfalls drohende Verlust der Universität das Heil der Stadt stark beeinflussen (würde).“ Und eine Untersuchung von 45 Brunnen durch das Physiologische Institut der Universität ergab, dass nur neun von ihnen gesundheitlich „zulässig“ seien.

Letztlich investierte die Stadt in eine Wasserleitung aus Gusseisen. Es brauchte fünf Jahre, bis 1877 alle öffentlichen Brunnen mit sauberem Quellwasser gespeist wurden und die Wasserleitungen auch in die Wohnungen und Haushalte gelegt sowie private Wasserhähne angeschlossen werden konnten.

https://denkmale.goettingen.de/brunnen/reinsbrunnen.html

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