Mitten in Göttingen, direkt am „Willi“, befindet sich die Alte Mensa – ein Gebäude, das mit seiner Funktion als Restaurant, Konzertsaal, Theater, Studentenhaus und Mensa stets im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in Göttingen stand.
Im Bereich des jetzigen Wilhelmsplatzes befand sich ursprünglich ein Kloster des Barfüßerordens, das nach Reformation und Vertreibung der Mönche im Jahr 1533 aufgelöst und in den städtischen Besitz überführt wurde. Ab 1820 setzte dann ein städteplanerischer Erneuerungsprozess ein, der die Grundlage für die heutige Anmutung des Platzes legte: Es wurde eine „Königlich Hannoversche Justizkanzlei“ errichtet, heute Wilhelmsplatz 2, sowie ein Eckhaus mit angrenzendem Ball- und Restaurationsgebäude; der Grundstein der heutigen Alten Mensa. Auf der rechten Seite des Platzes wurde 1837 die Aula der Universität eingeweiht.
Das Ball- und Restaurationsgebäude diente zunächst als Gastwirtschaft und Theater mit wechselndem Ensemble. Wegen einem Brand in der Nacht vom 9. auf den 10. Januar 1887 mussten die Innenräume neu saniert werden, anschließend wurde die nun „Kaiserhalle“ genannte Immobilie als Konzertsaal und Café genutzt. 1895 zogen zudem das Vereinshaus der Gewerkschaften sowie der Göttinger Krankenkassenverband ein.
Nach dem Ersten Weltkrieg war die Wirtschaftslage katastrophal und kaum jemand konnte sich Café- und Konzertbesuche leisten, sodass die Kaiserhalle im Juni 1921 zum Verkauf stand. Auch zwei Drittel der Studierenden waren unterernährt, viele vom Krieg verwundet und der Mangel an Wohnraum immens hoch. Um die Situation zu verbessern organisierten zahlreiche gemeinnützige Initiativen preiswerte Verpflegungsmöglichkeiten und die nun freiwerdende Kaiserhalle erschien für diesen Zweck als optimaler Standort. Darum erwarb der Universitätsbund Göttingen e. V. im Dezember 1921 das Gebäude samt Inventar und stellte es dem Verein „Göttinger Studentenhaus“, einem Vorläufer des heutigen Göttinger Studentenwerks, zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung.
Zum Wintersemester 1922/23 nahm die erste Mensa Deutschlands ihren Betrieb auf. Bereits fünf Jahre später gab sie rund 115.000 Portionen Essen pro Jahr aus. Neben warmen Mahlzeiten und geheizten Aufenthaltsräumen stand den Studierenden ab den 30er Jahren auch eine Lesehalle mit Zeitungen und Leihbibliothek, sowie ein Veranstaltungssaal zur Verfügung. Zusätzlich gab es Büroräume für die studentische Selbstverwaltung, wie dem Fürsorgeamt, Darlehenskasse, Wäscherei, Arbeits- und Auslandsamt. Ermöglicht wurde die studentische Sozialversorgung überwiegend durch die große Hilfsbereitschaft der Göttinger Wirtschaft und Bevölkerung, die Baustoffe, Möbel und Nahrungsmittel spendete.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Göttinger Universität als eine der ersten Universitäten Deutschlands wiedereröffnet. Auch die Mensa stellte ab August 1945 wieder tägliche Mittagsmahlzeiten bereit. Nach und nach fanden in dem Gebäude erneut Konzerte und Filmvorstellungen statt und 1949 eröffnete im Erdgeschoss das gehobene Lokal „Taberna Academica“.
Mit jährlich 470.000 ausgegebenen Essen stieß die Mensa am Wilhelmsplatz in den fünfziger Jahren an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Als wegen baulicher Mängel die polizeiliche Schließung drohte, wurde im Mai 1961 eine Behelfsmensa in der Goßlerstraße 14, dem heutigen Universitäts-Parkhaus, in Betrieb genommen. Im Dezember 1972 wurde die neue Zentralmensa fertiggestellt, die heute bis zu 6.800 Tagesgästen Platz bieten kann.
Auch in der „Alten Mensa“ wurde weiterhin Essen ausgegeben. Mit der zunehmenden Verlagerung der Universität auf Zentral- und Nordcampus sank die Nachfrage jedoch stetig, sodass die erste Mensa des Studentenwerks 2009, nach 87 Jahren Betrieb, schließen musste. Im Zuge eines Liegenschaftstausches gab das Studentenwerk im Jahre 2011 die Alte Mensa an die Universität ab, die in den Folgejahren das Gebäude zu einem Tagungs- und Veranstaltungshaus umbaute.
Weitere Informationen und Bilder von der Alten Mensa können als Broschüre heruntergeladen werden.