Ein einmaliges Bauwerk der Wissenschaftsgeschichte, verewigt auf dem 10-Mark-Schein.
Nahe der Innenstadt, gegenüber vom Neuen Rathaus, befindet sich die historische Sternwarte – ein aus heutiger Sicht absurder Platz, um den dunklen Nachthimmel zu untersuchen. Zur Zeit der Errichtung im Jahre 1802 sah dies noch ganz anders aus: Die Stadt Göttingen war deutlich kleiner und die neue Sternwarte ländlich gelegen außerhalb der Stadt.
Der Bau einer technisch und ästhetisch zeitgemäßen Sternwarte war eine Herausforderung, die vom damaligen Universitätsbaumeister Georg Heinrich Borheck übernommen wurde. Er orientierte sich dazu an vergleichbaren Bauten, insbesondere in Oxford und Gotha. Das Gebäude wurde im klassizistischen Stil streng symmetrisch angelegt und umfasst einen einstöckigen Hauptflügel, wo mit diversen Mess- und Beobachtungsapparaten geforscht wurde, sowie zweistöckige Seitenflügel, die als Wohnräume für den jeweiligen Direktor und dessen Mitarbeiter dienten.
Nach 13-jähriger Bauzeit wurde die Sternwarte 1816 eröffnet und galt als eine bedeutende Landmarke für Göttingen und Umgebung. So erwähnte Heinrich Heine sie 1824 in seiner Harzreise: „Die Stadt Göttingen, berühmt durch ihre Würste und Universität, gehört dem Könige von Hannover, und enthält 999 Feuerstellen, diverse Kirchen, eine Entbindungsanstalt, eine Sternwarte, einen Karzer, eine Bibliothek und einen Ratskeller, wo das Bier sehr gut ist.“
Der wohl bekannteste Direktor der Sternwarte war Carl Friedrich Gauß, welcher das Forschungsgebäude mit damals modernsten Gerätschaften bestücken ließ, die heute zum Teil im Physicalischen Cabinet ausgestellt sind. Fast 40 Jahre lang, bis zu seinem Tod am 23. Februar 1855, lehrte, forschte und wohnte Gauß in der Königlichen Sternwarte. Seine Forschung trug wesentlich dazu bei, den Ruf der Göttinger Universität als naturwissenschaftliche Hochburg zu begründen. Im Jahr 1991 wurde sogar ein Porträt von Gauß, der Sternwarte und weiteren Landmarken aus Göttingen auf dem 10-DM-Schein bundesweit veröffentlicht.
Die Astronomen beobachteten den Nachthimmel durch die sogenannten Meridianspalten: schmale, vertikale Öffnungen im Gebäude, zur Ermittlung des Meridiandurchgangs der Sterne. Heute mit Glas verschlossen waren die Spalten damals für die Forschung geöffnet – entsprechend kalt muss den Forschern damals bei ihren stundenlangen, regungslosen Observationen gewesen sein.
Die Göttinger Astronomen nutzten die Sternwarte 189 Jahre, bis sie 2005 ihr Institut in einen Neubau auf dem Nordcampus verlegen konnten. Seitdem wird das Gebäude von der Universität und der Akademie der Wissenschaften für Veranstaltungen genutzt und beherbergt das Lichtenberg-Kolleg sowie die Göttinger Graduiertenschule Gesellschaftswissenschaften.
Weitere Informationen und Bilder von der historischen Sternwarte gibt es in einer Broschüre zum Download.