Zwei kleine Vertiefungen in einem Stein werden bis heute in Rom verehrt. Einer Legende aus dem 2. Jahrhundert nach soll es sich dabei um die Knieabdrücke der betenden Apostel Petrus und Paulus handeln. Was steckt hinter diesen und anderen Legenden, die seitdem überliefert, rezipiert und weiterentwickelt wurden?
Wiebke Schulz-Wackerbarth hat sich auf Spurensuche begeben, im Rahmen ihrer Dissertation im Fach Christliche Archäologie und eingebunden in ein Projekt an der Theologischen Fakultät der Universität Göttingen. Fündig wurde sie in antiken Texten, Kalendern, Epigrammen und Heiligenlegenden, in Kirchen und Gedenkstätten sowie an Gräbern. In der Zusammenschau dieser verschiedenen Zeugnisse zeichnet sie nach, wie bereits die spätantiken Bürger Roms die Heiligen wahrgenommen haben und wie sich deren Verehrung im Laufe der Jahrhunderte zu Leitbildern und Legenden weiterentwickelt hat.
Dabei deckt sie das Wechselspiel von Text und Monument auf: Ikonografische Überlieferungen wurden im 5. und 6. Jahrhundert zu Legenden ausgeschmückt und aufgeschrieben. Die Pilgerführer aus dem 7. Jahrhundert zeugen bereits davon, wie Rom von den Legenden durchdrungenen war. Was mit einem kleinen Heiligenkanon begann, entwickelte sich zu einer „Massenproduktion von Heiligen“, in der das Individuum und sein Martyrium in den Hintergrund rückte, Reliquien an Bedeutung verloren und durch geweihte Ikonen ersetzt wurden.
Zu ihren Analysen bietet sie Abbildungen und die Orte der materiellen Hinterlassenschaften an, so dass die Leserschaft bei einem zukünftigen Besuch der Stadt Rom selbst auf Spurensuche gehen kann. Der Stein mit den kleinen Vertiefungen ist heute in der Wand des Presbyteriums der Kirche S. Francesca Romana zu finden.